Chemnitz - im Wandel der Zeiten :: v.1.0 :: 01.10.03 | ||
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Wachen an der Stadtmauer |
Text:
Jens J. Schuster
mit freundlicher Genehmigung Die zunächst durch die Stadt Chemnitz ausgerufene und später gesetzlich festgeschriebene Bannmeile ist ein beredtes Beispiel dafür, dass das Verhältnis zwischen der aufstrebenden Stadt und den Dörfern des Umlandes nicht immer zum Besten stand. Die Festlegung der Bannmeile ab dem 14. Jahrhundert bedeutete, daß sich innerhalb eines Gürtels um die Stadt nur soviel Handwerker ansiedeln durften, wie zur grundlegenden Bedarfsdeckung der ansässigen Dorfbevölkerung notwendig waren. Einige Gewerbe, so das Brauen von Bier, waren zunächst in diesem Gebiet vollkommen untersagt. Die Bewohner und Kretzschmer (Gastwirte) der Nachbarorte, sollten ihre Waren nur bei Chemnitzer Meistern beziehen. Von Anfang an war diese Maßnahme der Stadt ausgesprochen unpopulär, hatte sie doch mit einer freien Marktwirtschaft nichts gemeinsam. Sowohl die Dörfer des Chemnitzer Umlandes als auch das Gründungskloster, selbst von der Bannmeile betroffen, opponierten gegen diese Festlegung. Dem Kloster ging es vornehmlich um das eigene Braurecht. Sicherte es doch neben guten Einnahmen auch die ständige Versorgung mit dem allzeit beliebten Getränk. Weil die Chemnitzer Handwerkerschaft aber vehement auf ihr verbrieftes Monopolrecht beharrte, wurde die Bannmeile zum ständigen Zankapfel der ganzen Region. Immer und immer wieder wurde auf Veranlassung der Stadt oder eines Nachbardorfes mit einem eigens zu diesem Zweck gebauten Messrad geprüft, wer den Festlegungen der Bannmeile unterlag, und für wen sie nicht galten. Dazu waren stets auch Zeugen des Rates und des Schöffengerichtes zu Lipzigk (Leipzig) herangezogen. Im Protokoll der Olbersdorfer "Meilenmessung" wurde beispielsweise im Jahre 1508 durch den Stadtschreiber vermerkt: "... mit ein Rade gemessen auff der Land Straß bis gen Olbersdorf an des Richters Schwelle und befunden 2100 umbgenge - ein umbgangk hatt 10 Elen thut 21000 Elen. Eine recht gemeßne meil soll haben 27000 elen". Für O1bersdorf bedeutete dies, mit nur einer 3/4-Meile Abstand zur Stadt innerhalb der Bannmeile und ihren Gesetzen zu liegen. Den Olbersdorfern war es somit zum Beispiel offiziell verboten, Bier aus Zschope (Zschopau), Freiberg oder Odran (Oederan) zu kaufen. Dennoch, Verstöße gegen diese Untersagung gab es reichlich. Die Chemnitzer Handwerksmeister fanden indes eine starke "Lobby" bei den Regierenden Sachsens. Durch ihre Steuern trugen sie maßgeblich zum Wohlstand des Fürstenhauses bei. Schon im Jahr 1334 erließ Friedrich, Markgraf von Meißen, ein Dekret zum Schutz der Chemnitzer Bannmeile: "Wir, .... erachten jenes alte Gewohnheitsrecht, das Schänken, Handwerke und sonstige Betriebe Innerhalb einer Meile von Kempnitz verbietet, für gut und recht, weshalb wir es bestätigen, schätzen, genehmigen und billigen. Wir untersagen allen und jedem unter Androhung unserer schweren Ungnade, innerhalb einer Meile rings um Kempnitz in Zukunft irgendwie Schänken, Schuh- und Schneiderwerkstätten und andere handwerksmäßige Betriebe zu halten oder durch jemand zu halten, mit Ausnahme derer, die sich auf uralte Abmachungen berufen können." Dieses Dekret wurde durch die nachfolgenden Regenten immer wieder bestätigt.
Dennoch, auch diese Anweisungen wurden durch die ritterlichen Herren der
Umgebung und des Klosters missachtet. Der Adel wollte dem jungen
Chemnitzer Bürgertum nicht klein bei geben und auf beliebte Privilegien
verzichten. Die Chemnitzer Handwerker aber ließen nicht locker und
erwirkten am 18. Januar 1555 den Grimmischen Vertrag. Erstmals wurde
urkundlich bezeugt, wieviel Handwerker in den einzelnen, an Chemnitz
angrenzenden Dörfern arbeiten durften. Dauerhaften Frieden um die
Bannmeile brachte aber auch dieser Vertrag nicht. Schon wenige Jahre
später mussten die Chemnitzer Bürger ihr Recht erneut mit Waffengewalt
verteidigen. |
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Stand: 1.1 05.02.05 | ||
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