Was der "Ku'damm" für Berlin oder die
"Kö" in Düsseldorf war die "Königstraße" für Chemnitz - das Zentrum des
kulturellen und gesellschaftlichen Lebens. Die "Königstraße" reichte vom
Posthof zum Königsplatz, dem heutigen Theaterplatz, ihr Verlauf
entspracht in etwa dem der heutigen Straße der Nationen zwischen beiden
Plätzen.
Der Ursprung der "Königstraße" reichte bis in die Jahre um 1840 zurück.
Zunächst als "Große Lindenstraße" angelegt, wurde sie wenig später in
Straße "Unter den Linden" umbenannt - die Bäume waren nun groß genug,
die Straße weit zu überragen. Mit Stolz konstatierte Friedrich Georg
Wieck (Chemnitzer Wirtschaftsförderer), dass die Ansicht der Chemnitzer
Straße "Unter den Linden" mit dem damals noch möglichen Blick auf das
Chemnitzer Schloss schöner sei, als der der gleichnamigen Straße im
fernen Berlin.
Angezogen vom guten Ruf der Straße siedelten sich im 19. und Anfang des
20. Jahrhunderts zahlreiche Unternehmen aus unterschiedlichen Branchen
entlang der nun "Königstraße" genannten "Luxus-Meile" an. Es entstanden
zahlreiche Kaufhäuser, Niederlassungen von Kontoren und Banken,
gastronomische Einrichtungen, Handwerksbetriebe, Juweliergeschäfte,
Kanzleien für Notaren und Rechtsanwälte und Praxen verschiedener
medizinischer Prägung.
Die neuen Unternehmen entlang der "Königstraße" ließen prächtige
Geschäftshäuser in sehr aufwendiger Architektur errichten. Bekannte
ansässige Unternehmen waren zum Beispiel das "Welthaus" von Siegmund
Simon, "Wedell's Kaufhaus" im Arnoldschen Haus, die "Kaffeegroßhandlung"
von Herrmann Arnold, die Niederlassung der Siemens-Schuckert-Werke AG
Berlin, die Stahlwerke GmbH Scholles- Blechmann und die "Galanterie- und
Spielwarenhandlung" von Wilhelm Matthes. Aber auch die Firma "Königsfeld
& Co." mit ihrem Konfektions- und Manufakturwarengeschäft sowie das
Bankunternehmen "Bayer & Heinze" waren in dieser Straße ansässig.
Den äußeren Abschluss der "Königstraße" bildete der Königsplatz, welcher
zwischen 1906 und 1909, in der Zeit des enormen wirtschaftlichen
Aufschwungs der Stadt, durch den Stadtbaurat Richard Möbius errichtet
wurde. Er formte mit dem "König-Albert-Museum", den Schillingschen
Figuren der "Vier Jahreszeiten", dem neuen Opernhaus und der bereits im
Jahr 1888 errichteten Petrikirche ein für Chemnitz einmaliges
architektonisches Erscheinungsbild. Zwischen 1928 und 1930 entstand am
Platz der Schillingschen Figuren das Hilton-Hotel "Chemnitzer Hof",
welcher in seinem Baustil bis heute erhalten blieb. Der in Chemnitz
geborene Heinrich Straumer war der Architekt dieses Hotels.
So wechselvoll wie die Geschichte unserer Stadt war auch der Name des
"Königsplatzes". Zunächst 1909 als "Königsplatz" gegründet, erhielt er
bereits 1922 den Namen "Theaterplatz". Die nationalsozialistischen
Machthaber benannten ihn 1933 in "Adolf-Hitler-Platz" um und im Jahr
1945 erhielt er wiederum den Namen "Theaterplatz" - den er auch bis
heute trägt.
Von den vielen schönen Gebäuden entlang der "Königstraße" wurden die
meisten im Bombenhagel des Jahres 1945 dem Erdboden gleichgemacht. Ein
Wiederaufbau der großbürgerlichen Geschäftshäuser noch den Zerstörungen
des 2. Weltkrieges war einerseits durch das Fehlen finanzieller Mittel
und andererseits durch ideologische Grenzen der neuen Stadtverwaltung
nicht möglich. An ihrer Stelle entstanden die in der DDR gewohnten
Einheitsplattenbauten, so wie sie heute noch zu sehen sind. Unter ihnen
die neue Post, die SED-Bezirksverwaltung, die Stadtinformation am Roten
Turm aber auch einige Geschäfte, wie das bekannte "Adebar" und ein
"Exquisit". Die neue Zeit drückte sich auch im Namen der Straße aus. Sie
wurde in Erinnerung der Opfer des vorangegangenen Krieges in "Straße der
Nationen" umbenannt.
Von wenigen Ausnahmen abgesehen, blieb uns nur der ehemalige
"Königsplatz" in seinem historischen Erscheinungsbild erhalten. Die zum
Teil stark zerstörten Gebäude wurden Schritt für Schritt mit großem
finanziellen Aufwand rekonstruiert und bilden heute einen wichtigen
touristischen Anziehungspunkt unserer Stadt. Unter dem "Theaterplatz"
entstand die erste kommunale Tiefgarage von Chemnitz. Seit 1995 prägt
das neue "Theatron" das Erscheinungsbild des Platzes mit.