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Alter Bahnhof Siegmar, 1942 abgerissen
Schule Siegmar
Kirche zu Reichenbrand-Siegmar, erbaut 1810
Der Siegmarer Park - Ein Park als Repräsentationsobjekt
Gärten sind Kunstwerke, die den ganzen Menschen
betreffen:
seinen Verstand, seine Seele und seine Sinne.
Quelle:
www.siegmar-schoenau.de, Dipl.-Ing Landespflege (FH) Indira Jaritz, Korbußen
Der Siegmarer Park zählt aufgrund seiner Geschichte zum historischen Grün. Er wurde im Stil eines Stadtparks am Ende des 19. Jahrhunderts gestaltet.
Der
Stadtpark verkörperte vor allem die Ansprüche der gehobenen Schichten. Er
dokumentierte die Wohlhabenheit der Stadt und ihrer Bürger. Der Stadtpark
war im allgemeinen ein Landschaftspark mit regelmäßigen Teilen, ein Park im
"gemischten Stil". Kennzeichnend war ein regelmäßig gestalteter Bereich,
baumbepflanzt und mit aufwendigen Teppichbeetanlagen. Die Funktion der
regelmäßigen Gestaltung bestand in der Repräsentation vor allem an
öffentlichen Gebäuden. Seine Ausstattung sollte die Gesellschaftsgliederung
in der Stadt unterstreichen. Der Besucher überblickte von diesem regelmäßig
gestalteten Bereich in einer Hauptsicht meist einen buchtenreichen Teich und
mehr oder weniger weite, oft wellig geformte Rasenflächen. Ein ausgedehntes,
in schlanken Kurven geführtes Wegenetz sollte ihm auch auf kleineren Flächen
einen möglichst langen Spaziergang ermöglichen und ihm idealisierte
Naturausschnitte vor Augen führen.
Die Parkerrichtung in Siegmar stand unmittelbar mit dem Rathausbau im Zusammenhang und wurde auf Betreiben des damaligen Gemeindevorstehers und späteren Bürgermeisters Max Klinger (Amtszeit 1901-1931) durchgeführt. Der Park wurde in der ehemaligen Aue des Kappelbaches gestaltet. Das Gelände beschrieb man als sumpfig und sehr feucht. In der Aue entlang des Baches standen früher Linden und Eichen. Die nördliche Begrenzung der Auwiese bildete der Mühlgraben mit dem Mühlteich der Mosigmühle. In den Jahren 1895 - 1904 wurde die Verbindungsstraße zwischen Hoferstraße (heute Zwickauer Straße) und Rosmarinstraße gebaut - die König-Albert-Straße (spätere Rathausstraße, heute Gaußstraße). Im Jahr 1902 erwarb die Gemeinde Siegmar von dem Kaufmann Lindner das Areal an der König-Albert-Straße für den Rathausbau. Dabei handelte es sich um die Auwiese, auf der man das Rathaus und später den Park errichtete. Am 04.02.1902 erfolgte die Vertragsunterzeichnung zwischen der Gemeinde und dem Kaufmann Lindner, wobei zu den Flächen gegenüber dem Rathaus die Bedingung gestellt wurde, dass das Areal stets unbebaut und in pfleglichem Zustand gehalten werden soll. Die Wiesenstraße (heute Adolf-Weinhold-Straße) endete bis ca. 1912 am Kappelbach. 1904 wurde in Siegmar an der Rathausstraße das Rathausgebäude aufgrund der schlechten Bodenverhältnisse auf 500 Eichenpfählen erbaut. Als Repräsentationsbau spiegelte es den Bürgerstolz undReichtum der Stadtbewohner wider.
Der Gemeinderat faßte am 29.03.1904 den Beschluss, dass auf dem Rest der verbleibenden Flächen des Rathausareals zur öffentlichen Benutzung ein Ortspark errichtet werden soll, dessen Gestaltung am 05.05.1905 dem Kunst- und Landschaftsgärtner Schwarz aus Einsiedel nach der vorliegenden Planung anschlagsgemäß für 3005 M übertragen wurde. In einem erbosten Schreiben des Gemeinderates an den Kunstgärtner Schwarz vom 05.04.1906 wird die Instandsetzung der Rathaus- und Parkanlagen angemahnt. In einem weiteren Schreiben des Gemeinderates vom 28.04.1906 erging an Schwarz eine Fristverlängerung bis zum 04.05.1906. In einem ausführlichen Brief schrieb C. W. Schwarz am 08.05.1906, dass die Pflanzung wegen den Pflanzbedingungen erst später erfolgen kann, um ein Anwachsen der Bäume gewährleisten zu können. Daraufhin schickte die Gemeinde 08.05.1906 an Schwarz eine Postkarte mit der Frage: Wann wird die Fertigstellung erfolgen? Danach ist kein Schriftverkehr mehr verzeichnet. In den Jahren 1906/07 baute man die Siegmarer Schule an der Rosmarinstraße.
Der "Alte Teil" des Siegmarer Parks (Flurstück 130a) wurde in den Jahren 1907/08 mit einem Kostenaufwand von 25000 M gestaltet. In einem Zeitungsartikel von 1914 kann man nachlesen, daß die dem Rathaus gegenüberliegenden öffentlichen Gartenanlagen und Spielplätze mit ca. 13.000 qm im Jahre 1908 hergestellt wurden und für die Gemeinde einen besonderen Schmuck und Erholungsplatz darstellten.
Der
regelmäßig gestaltete Bereich am Rathaus war vor allem durch Blumenrabatten
und die fortgeführte Wegegestaltung des Parks gekennzeichnet. Im Park umgab
ein Rundweg das Gelände. Die langgezogenen Kurven des Wegenetzes verliehen
dem Gelände ein unauffälliges Gerüst. Damit erreichte man einen großzügigen
Charakter des gesamten Parkgefüges auf vergleichsweise kleinem Terrain. Zur
Raumbildung trugen zudem die weg-begleitenden Baum- und Strauchgruppen bei,
durch deren Verteilung interessante Blickbeziehungen entstanden. Heimische
Laubgehölze wie Linde, Buche, Eiche, Ulme, Kastanie, Erle aber auch
Koniferen wie Kiefer, Fichte, Chamaecyparis für spezielle Punkte wurden
gepflanzt.
Ein sehr wichtiges gestalterisches Element im Siegmarer Park war das Wasser. Der Parkteich mit seiner natürlichen Uferausprägung bildete das Herz des Parks. Der Kappelbach begrenzte den Park im Süden. Er wies bereits den begradigten Verlauf auf, der noch heute sichtbar ist. Neben dem Teich wurde ein künstlicher Hügel aufgeschüttet. Auf die neben dem Teich befindliche, mit Kastanien bestandenen Anhöhe, gelangte man über einen Weg. Dort fand man eine weiße Rundbank vor, von der aus der Besucher einen Panoramablick hatte. An der westlichen Seite des Teiches formte man eine Inselzunge, auf der gelb- und orangefarbene Azaleen ihren Platz fanden. Die am Teich verwendeten unbearbeiteten Findlinge beherrschten die Szenerie. Sie versinnbildlichten mit der gepflanzten Hängeweide Melancholie - was als starkes Gestaltungselement im Landschaftspark angewendet wurde. Auf einer Postkarte von 1928 zierte eine Fontäne den westlich gelegenen Teichabschnitt. Dieser Bereich unter Einbeziehung des Teiches war besonders sorgfältig gestaltet und stellte mit den beiden Brücken einen der beiden Kernbereiche des Parks dar. Die Rathauswiese bildete den anderen Kernbereich des Parks von 1908. Der Spielplatz im Siegmarer Park wurde in Form eines halben Hippodroms gebaut, umsäumt von Linden und einer Hainbuchenhecke. Spielplätze der damaligen Zeit bestanden aus Kiesflächen, die frei verfügbar waren und Ruhezonen für Erwachsene aufwiesen. Spielgeräte gab es noch nicht. Sie wurden erst ab 1920 in Deutschland von Amerika aus bekannt. Das Rathaus trug zur optischen Bereicherung des Parkbildes bei. Es wurde durch inszenierte Blickverbindungen in die Gestaltung einbezogen.
Im Jahr 1936 begann man mit der Erweiterung des Parks. Dafür nutzte man die Flurstücke 131, 131c, 131d und 131e. In einem Bericht des Ersten Bürgermeisters der Stadt Siegmar aus dem Jahr 1936 ist zu lesen, daß mit der Erweiterung der Parkanlagen in ostwärtiger Richtung begonnen wurde. 1936/37 wurde der Radweg von der Grenze Mittelbach und Grüna bis zur Stadtgrenze Chemnitz in einer Länge von 5 km auf der Fläche des ehemaligen Mühlgrabens im Parkbereich gebaut.
![]() Erweiterung des Parkes mit Schule |
![]() Rathaus nach der Erweiterung |
Am 20.04.1938 fand die Rathaus-Weihe als Abschluss der Erweiterung
statt. Bei der Erweiterung des Parks wurde die Gestaltung des "Alten Teils",
vor allem die prägende geschwungene Wegeführung beibehalten und in dem
"Neuen Teil" fortgeführt. In dem Artikel "Rathaus und Landschaft" vom
20.04.1938 (siehe Anhang) wird deutlich, dass die landschaftliche Gestaltung
des Parks auch zu dieser Zeit der Hervorhebung des Gebäudes sowie der
Repräsentation diente und für die Wohlhabenheit seiner Stadt stand. Am
Kappelbach Ecke Rathausstraße befand sich ein Pumpenhäuschen mit spitzem
Dach, ausgestattet mit Dachrinne, einer abgeschlossenen Tür und drei
vergitterten Fenstern, das eine Pumpe beherbergte. Es wurde im Zusammenhang
mit Luftschutzmaßnahmen ca. 1940/41 erbaut.
In den folgenden Jahrzehnten kam es aufgrund der Eingemeindung zu Chemnitz zu einem Bedeutungsverlust des Stadtteils Siegmar und damit auch des Siegmarer Parks. Die Brücke der Adolf-Weinhold-Straße wurde in den 60er Jahren erneuert. Den Spielplatz baute man Mitte/Ende der 60er Jahre richtig als Spielplatz aus. Ca. 1977 legte die Stadt die Rosenbeete zur Verschönerung am Verbindungsweg zwischen Rosmarinstraße und Adolf-Weinhold-Straße an. Nach der politischen Wende 1990 wurde das Rathausgebäude als Ausländerbehörde von Sachsen genutzt. Zur Zeit befindet sich keine Nutzung in dem Gebäude. Die Fußgängerbrücke zwischen Adolf-Weinhold-Straße und Park wurde 2001 wieder neu errichtet. Geplant ist die Erneuerung der Straßenbrücke Gaußstraße über den Kappelbach 2004. Zudem ist die Weiterführung der Straßenbahntrasse entlang des Kappelbaches im Stadtteilentwicklungskonzept als längerfristiges Entwicklungsziel für das Jahr 2010 aufgeführt. Die Trasse soll direkt neben dem Bach auf der Seite des Schirmer - Grundstücks verlaufen. Diese Maßnahme wäre für diesen historisch gewachsenen Park und seinen Kappelbach ein zerstörender Eingriff, der einen wichtigen Teil der Identität des Stadtteils und seiner Unverwechselbarkeit darstellt. (Text gekürzt)
Weiterführende Informationen: www.siegmar-schoenau.de
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