![]() |
||
LINKWEG ::: inhalt / beiträge zur chemnitzer geschichte / stadtbefestigung |
![]() Im Osten: Das Johannistor, mittig der Rote Turm, links die äußere Johannisstraße Seinen Namen hat das Tor nach der gleichnamigen Johanniskirche
|
Der Hinweis auf eine "außerhalb der Stadt" gelegene Johanniskirche läßt vermuten, daß bereits 1264 die Stadt eine Ummauerung oder Umzäunung besaß. Bis zum Jahre 1376 war Chemnitz von einer stabilen Mauer, einem Graben und einem Palisadenzaun umgeben. Neben Wehrzwecken wurde der Graben hauptsächlich zur Karpfenzucht verwendet. Sehr interessant ist die Beziehung zwischen der Stadt Chemnitz und dem Kloster, was die Schutzfunktion der städtischen Mauern betrifft. Da die Bauern der umliegenden Dörfer, die ja dem Kloster untertan waren, völlig ungeschützt waren, schrieb 1331 der Abt Ulrich zum Nutzen seiner Untertanen, der sogenannten Gotteshausleute: "Und so, was Gott verhüten wolle, ein Landgeflüchte würde, so sollen unsere Gotteshausleute, die da helfen die Stadt umzäunen, in die Stadt fliehen. Würde aber die Stadt zu voll Leute, so sollen sie zwischen der Stadtmauer und dem Zaune liegen." Nach diesem Ansinnen ist bis zum Ende des 17.Jahrhunderts verfahren worden. Und dies zum beiderseitigen Nutzen. Die Dorfbewohner halfen beim Bau der Befestigung und bei der Verteidigung, zahlten wohl auch meißt eine Gebühr und konnten dafür in Notzeiten samt Familienmitgliedern und sicher auch ihren Tieren auf den Schutz der Stadt hoffen. Zwei Vorfälle aus dem 30-jährigen Krieg seien angebracht. So steht im Ebersdorfer Kirchenbuche: "Agnita, weiland Valentin Hamels zu Lichtenwalde nachgelassene Wittib ist den 29.April 1639 zu Chemnitz begraben, als man vor dem schwedischen Kriegvolk dahin hat fliehen müssen." Weiter schrieb der Pfarrer von Reichenhain "Den 18.Aprilis 1642 wurde in Chemnitz getauft, dahin wir wegen der marschierenden kaiserlichen Völker fliehen mußten; den 22.Mai wurde abermal daselbst getauft." Nach Angaben des Chemnitzer Rates aus dem Jahre 1655 konnten sich "viele tausend Menschen" in die Stadt retten. Das spricht dafür, das nicht nur Bauern aus dem reinen Klosterumland aufgenommen wurden, sondern wahrscheinlich auch aus anderen Besitzungen, wie zum Beispiel Pfaffenhain, im Besitz der Grünhainer Zisterzienser. Scheinbar gab es hier aber eine Art Zwei-Klassen-Gesellschaft der "schutzberechtigten" Gemeinden, denn es ist zum Beispiel vermerkt, daß sich die Bewohner von Seifersdorf nur mit "guten Willen" der Stadtbürger hinter die Mauern flüchten durften. Die Bewohner von Lichtenau mußten sich andererseits ihre Rettung in die Stadt mit viel Geld erkaufen. 1376 wurde die Mauer durch eine zweite Mauer erweitert. Der Raum zwischen beiden Mauern hieß "Zwinger". Bis zum Umbau der Stadt nach dem 2. Weltkrieg gab es eine Zwingerstraße, die den Verlauf markierte. An der Stadtmauer existierten insgesamt 25 Türme, von denen heute nur noch der Rote Turm zeugt. Die über den Stadtgraben führenden ursprünglichen Holzbrücken wurden später durch Steinbrücken ersetzt, jedoch als 1683 die Türken ins Land zu brechen drohten, wurden diese wieder abgerissen und durch Zugbrücken ersetzt. Im Laufe der Zeit nahm die Bedeutung von Mauern, Toren und Türmen als Schutz vor feindlichen Truppen ab. Die Befestigungsanlagen wurden nur noch sporadisch gewartet und verfielen nach und nach. Der Graben wurde bereits seit dem 18 Jahrhundert nicht mehr beräumt und verschlammte und verwucherte langsam. Etwa 1800 war das letzte Wasser versickert und große Teile des ehemaligen Grabens wurden nun als Gemüsegärten, Schützenplätze oder Seilerplätze benutzt, wo die Seilmacher ihre langen Bahnen zogen. Auf Grund der königlichen Verfügung vom 24.April 1806 wurden dann die Reste der Mauer abgerissen und der Stadtgraben verfüllt. Er diente noch lange Zeit als Gartenanlage, bis er überbaut wurde. Bei den Toren war es nicht anders. Das Johannistor
machte den traurigen Anfang. Als 1805 dem Turm der Einsturz drohte, wurde er
gleich abgerissen. Die Wache fristete zwar noch einige Jahre, wurde aber 1829
ebenfalls abgetragen. Bald folgte das Nikolai- und das Klostertor. Einzig das
Chemnitzer Tor wurde längere Zeit erhalten, da 1811 die Amtsfronfeste vom Schloß
hierher verlegt worden war. Die ehemalige Lage der Stadtmauer läßt sich in ungefähr wie folgt beschreiben: Vom Roten Turm ausgehend bis zur Bahnhofsstraße, dann Richtung Falkeplatz, Pfortensteg, Theaterstraße bis hin zur Rathausstraße zum Roten Turm. |
Roter Turm | |
|
Der Rote Turm ist mit seinen roten Porphyrtuffsteinen das Wahrzeichen der Stadt und eines der wenigen historischen Reste in der heutigen Stadt. Das aus dem 12. Jahrhundert stammende Bauwerk war ursprünglich der Sitz des Stadtvogtes. Anderen Quellen zufolge soll er um 1486 erbaut worden sein. Anfänglich eine Eigenbefestigung wurde er später in die Stadtbefestigung einer Mauer einbezogen. Er steht 5m tief im Flußschotter gegründet auf einer Insel der Mündung des Gablenzbaches. Im 20.Jahrhundert wurde er als Gefängnis benutzt und diente später als Außenstelle des Stadtmuseums. In der DDR in das Stadthallenensemble eingebunden, entsteht heute in seiner direkten Nähe die "Neue Innenstadt" von Chemnitz.
|
|
||
Stand: 1.1 05.02.05 | ||
© 2003 by Hellwig • mail: contact@chemnitzer74.de |